Objektivität in Partnerschaften: Eine Illusion?
Die Unmöglichkeit der Objektivität in der Beziehung
Oft nehmen wir an, dass jemand, der eine Materie gut kennt und darin viel Erfahrung gesammelt hat, fähig ist, eine treffende und objektive Einschätzung abzugeben. Wenn jemand lange Zeit in einem fremden Land gelebt, viele Jahre in einer Firma gearbeitet oder umfassende Erfahrung in einem bestimmten Bereich gesammelt hat, gehen wir davon aus, dass seine Beurteilung einen hohen Wahrheitsgehalt hat.
Das kann durchaus zutreffen, besonders wenn es sich um Erfahrungen mit wenig emotionalem Gehalt handelt. Wer sich jahrelang mit Wetterdaten beschäftigt, kann wahrscheinlich objektiv darüber berichten. Doch sobald starke Gefühle im Spiel sind, ändert sich das Bild.
Emotionale Verzerrung in der Wahrnehmung
Wer etwa einen Sport betreibt, der nur bei gutem Wetter ausgeübt werden kann, wird vielleicht dazu neigen, die Anzahl der Sonnentage im vergangenen Jahr falsch einzuschätzen, da die frustrierenden Regentage besonders stark im Gedächtnis haften geblieben sind.
Eine Partnerschaft ist die emotionalste Situation, die wir erleben können. Wir sehen weder uns selbst noch unseren Partner jemals völlig objektiv.
Zu Beginn der Beziehung schauen wir vielleicht durch die rosarote Brille, in der Krise durch eine graue. In beiden Fällen sind unsere Einschätzungen weit entfernt von Objektivität.
Die Unmöglichkeit der objektiven Selbstbeurteilung
Ebenso wenig können wir uns selbst objektiv beurteilen. Das Zeugnis, das wir uns ausstellen, schwankt je nach Tagesform und aktuellen Erfolgen oder Misserfolgen. Unser Selbstbild ist davon beeinflusst, ob wir uns gerade in der Beziehung bestätigt fühlen oder zurückgewiesen wurden.
Es spielt keine Rolle, wie lange eine Beziehung besteht. Unsere Einschätzung des Partners und unserer selbst wird auch in einer langjährigen Partnerschaft immer subjektiv sein. Und warum ist diese Information wichtig? Weil wir uns dadurch von der unmöglichen Aufgabe befreien, objektiv festzustellen, was genau in unserer Beziehung vorgeht – wer von uns sich richtig verhält und wer falsch. Stattdessen können wir unseren mentalen Raum für eine Aufgabe nutzen, die tatsächlich erfüllbar ist.
Der Fokus auf Gefühle statt auf Schuld
Auch wenn wir weder den Partner noch uns selbst objektiv beurteilen können, können wir doch mit Sicherheit sagen, wie es uns in bestimmten Situationen der Beziehung geht. Wir können nicht falsch fühlen – wenn wir uns bei einer Bemerkung des Partners schlecht fühlen oder uns bei einem bestimmten Blick geliebt fühlen, dann ist das unsere unverfälschte Empfindung. Ob diese Gefühle nun durch unseren Partner, unsere eigenen inneren Muster oder eine Mischung aus beidem entstehen, können wir nicht sicher sagen. Unsere Gefühle selbst sind jedoch eindeutig für uns feststellbar.
Kurz gesagt: Wir können uns nicht "ver-fühlen", aber wir können uns bei den Erklärungen leicht "ver-rechnen".
Ein realistischer Ansatz: Zustandsbericht statt Urteil
Deshalb ist es eine unmögliche Aufgabe, ein objektives Zeugnis über das eigene Verhalten und das des Partners auszustellen. Was wir hingegen tun können und sollen, ist, einen ehrlichen Zustandsbericht über unsere Gefühle zu verfassen und diese laufend im Auge zu behalten.
Die Verantwortung beider Partner
Der zweite Schritt besteht darin, dass beide Partner Verantwortung übernehmen, die Empfindungen beider in Einklang zu bringen. Das bedeutet, die eigenen Gefühle und die des Partners ernst zu nehmen und nach Wegen zu suchen, wie beide Bedürfnisse berücksichtigt werden können. Das ist eine kontinuierliche und herausfordernde Aufgabe, die Geduld, Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft zur Akzeptanz der Gefühle des jeweils anderen erfordert. Wer jedoch glaubt, diese Arbeit durch vermeintliche Objektivität überspringen zu können, macht die Aufgabe erst recht unmöglich.
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